Die namenlose Flasche

Wie Wirtschaftswissenschaftler und Schüler Marktforschung betreiben VON ELMAR KRAMER

Bielefeld. Ohne zu zögern greift die Schülerin zur Apfelschorlen-Flasche mit Marken-Etikett. Die Billigmarke daneben lässt sie stehen. Sie trinkt ein Glas. Das Geschmacksurteil fällt sehr gut aus. Ändert sich das, wenn die Augen verbunden sind?

Die Probanden und die Macher der Experimente sind Oberstufenschüler von Wirtschaftsgymnasien in Ostwestfalen-Lippe. Angeleitet von den Profis der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bielefeld machten sich die potenziellen Studenten von morgen auf die Spur der Marktforschung. Das Netzwerk wird von den Uni-Professoren Reinhold Decker und Hermann Jahnke, koordiniert.

Die Teilnehmer des von der Bosch-Stiftung geförderten Projekts „BWL in OWL II“ kamen von Einstein-Gymnasium Rheda-Wiedenbrück, Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg Minden, Friedrich-List-Berufskolleg Herford, Rudolf-Rempel-Schule Bielefeld und Städtischem Gymnasium Gütersloh.

Jeans, Pizza, Softdrinks und Mobiltelefone standen im Mittelpunkt der Experimente, also Produkte, die im Alltag von Jugendlichen eine wichtige Rolle spielen. Titel des Forschungsprojekts: „Welche Jeans ist die beste? Oder: Wie Marketing unsere Produktwahrnehmung steuert.“

Pizzen ein- und derselben Marke zum Beispiel servierten die Nachwuchsforscher den Probanden als verschiedene Erzeugnisse, später gab es tatsächlich verschiedene Pizzen, am Ende einen Test mit verbundenen Augen. Eine Woche lang hatten die Teilnehmer in einer Sommerschule gearbeitet. Jetzt war Abschlusspräsentation.

Ziel von „BWL in OWL II" ist es, Schülern und Lehrern Einblicke in die betriebswirtschaftliche Forschung zu geben und sie zu sensibilisieren für die Methoden und Denkansätze, wie Silvia Raskovic, eine der Projektbetreuerinnen, berichtet. Die Teilnehmer sollten erkennen, welches Entscheidungsbeeinflussungspotenzial im Marketing steckt und wie spannend die Beschäftigung mit dem Thema Marketing in Studium und Beruf sein kann.

Die Ergebnisse seien respektabel: „Die Schüler haben in ihren Experimenten das in kleinem Rahmen bestätigt, was große Marktforschungsinstitute herausgefunden haben.“ Zum Beispiel, dass bei einem Blindtest mit Apfelschorle das preiswertere Produkt eher eine Chance hat als in einem Test mit sichtbarem Etikett.

Die Fortsetzung

Im nächsten Projekt befassen sich die Teilnehmer von „BWL in OWL II“ mit Entscheidungen und wie diese getroffen werden. In Unternehmen etwa ist oft ungewiss, welche Konsequenzen Entscheidungen über die Verfolgung von Innovationen haben. Die Wirtschaftswissenschaften als entscheidungsorientierte Disziplin wenden sich insbesondere solchen unsicherheitsbehafteten Entscheidungssituationen im ökonomischen Umfeld zu, in deren Fokus rationales Entscheidungsverhalten steht.

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