Eintauchen in russische Kultur

Berufsschüler berichten über ihre Praktikumszeit in Bielefelds Partnerstadt

Wichtige Eindrücke gesammelt: Projektleiter Marco Drieling (v.l.), Alexandra Garzenbiller, Alexander Birkholz, Alina Goleschnij, Waleria Kolomejzew, Projektleiterin Genia Gunkewitsch, Nina Wilhelm und Schulleiterin Christiane Wauschkuhn tauschen sich über Nowgorod aus. Foto: Kemna

VON SIBYLLE KEMNA

Brackwede. Das Abenteuer hat sich gelohnt. Das ist die übereinstimmende Meinung der sechs Schüler des Rudolf-Rempel-Berufskollegs, die im September zwei Wochen lang in Betrieben der russischen Partnerstadt Welikij Nowgorod gearbeitet haben. Jetzt schilderten sie anhand einer Fotoschau ihre Eindrücke.

"Voll aufregend" fand es Waleria Kolomejzew, dass sie in dem Reisebüro, in dem sie ihr Praktikum machte, eine richtige Aufgabe bekam: Sie sollte preiswerte Anbieter für Reisen nach Deutschland finden, mit denen das Reisebüro zusammenarbeiten will. "Da hab ich viele Kontakte hergestellt, und die waren froh über meine Ergebnisse", berichtet die 18-Jährige stolz, die die zwölfte Klasse des Wirtschaftsgymnasiums besucht.

Waleria ist in Russland geboren, aber in Deutschland aufgewachsen und fand es "sehr interessant, das Leben dort zu sehen, ich kannte das nur aus Erzählungen oder Filmen".

Was ist anders in Russland? Zum Beispiel, dass es neben fast schon kitschig-schönen Kirchen viele hässliche und trostlose Trabantensiedlungen gibt. "Die wohnen viel enger zusammen", hat Nina Wilhelm erfahren, deren Gastschwester ins Wohnzimmer umzog, um ihr Platz zu machen.

"Die Arbeitsmoral ist auch ganz anders, die Russen sind viel entspannter", berichten Tim Borgstädt und Alina Goleschnij, die in einem Hüttenwerk gearbeitet haben. "Die Banja hat mir am besten gefallen", erzählt Alexander Birkholz, der von seinem Gastgeber zu einem russischen Saunatag mit Schaschlik am See eingeladen wurde. "Wann hat man schon einmal die Chance, solche Sachen zu erleben", sagt der angehende Groß- und Einzelhandelskaufmann begeistert. Für ihn war es in erster Linie "eine persönliche Erfahrung", aber Alexandra Garzenbiller, die im Klinikum Bielefeld arbeitet, war es auch beruflich interessant, weil sie in einer Tagesklinik gearbeitet und viele Unterschiede entdeckt hat. "Zum Glück spreche ich Russisch, da konnte ich mich auf der Arbeit und in der Familie gleich integrieren."

Projektleiterin Genia Gunkewitsch, Lehrerin mit russischen Wurzeln, findet genau diese Erkenntnis sehr wichtig: "Hier schämen sich die Schüler für ihren russischen Hintergrund, aber dort kommen sie besser zurecht als ihre Mitschüler mit deutschen Wurzeln. Sie merken, dass ihre interkulturelle Kompetenz viel wert ist." Sie bedauerte, dass nur sechs Schüler teilnehmen konnten, waren es doch auch schon mal 15 gewesen. "Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage haben wir nicht mehr russische Teilnehmer gehabt, und der Austausch beruht ja auf Gegenseitigkeit."

In einer globalisierten Welt verbesserten solche Auslandspraktika die beruflichen Chancen, ist auch Lehrer Marco Drieling überzeugt. Schulleiterin Christiane Wauschkuhn dankte den engagierten Schülern. "Wir freuen uns, dass immer wieder junge Menschen diesen Schritt tun, der ihr Leben bereichert." Sie betonte, dass sich alle Schüler offen zeigen sollten für andere Kulturen, auch gegenüber den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen.

 

Neue Westfälische - 28.11.2013

 

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