Austausch auch in Krisenzeiten

Brackwede (jhh). Es herrscht eine lockere und ausgelassene Atmosphäre im Raum B-214 des Rudolf-Rempel-
Berufskollegs (RRBK). Und doch heißt es Abschied nehmen. Das Projekt zur Förderung der interkulturellen
Kompetenz und zur Verbesserung der beruflichen Chancen für die deutsch-russischen Berufsschüler endet nach
zwei Wochen.
Es schwirren deutsche und russische Sprachfetzen durch den Klassenraum. 13 Schüler und Studenten aus
Weliki Nowgorod sowie zehn Schüler des Berufskollegs haben an dem interkulturellen Projekt teilgenommen. Mit
ihren drei Lehrern haben die Nowgoroder vom 16. bis zum 30. November verschiedene Bielefelder Bildungssowie
Berufseinrichtungen besucht - und sich ausgetauscht.
Seit 2008 leitet Projektkoordinatorin Genia Gunkewitsch den Austausch. Mit Erfolg, wie die Teilnehmerzahlen
verraten. Die 17- bis 23-Jährigen erhalten Einblicke ins deutsche Schulwesen, Hotelgewerbe, Kliniksystem oder
in die Spedition. Klappt so etwas, trotz der angespannten politischen Lage? "Jetzt erst recht", meint
RRBK-Schulleiterin Christiane Wauschkuhn. "Zwischenmenschlichkeit und das Aufzeigen neuer Perspektiven
überwiegen."
Was das angeht, sieht die Lehramtsstudentin Diana Ivanova Deutschland als Vorreiter hinsichtlich der Inklusion
an Schulen. In Russland sei das Thema zwar "up to date", aber noch würden viele Eltern ihre Kinder auf
Förderschulen schicken. Wie die gehbehinderte Nichte von Tatjana Abramova. Tatjana ist Deutsch-Lehrerin in
Nowgorod. Als Praktikantin hat sie in deutschen Klassen hospitiert - und prompt fiel ihr der lockere Umgang
zwischen Schülern und Lehrern auf. In Russland laufe der Unterricht strikter und hierarchischer ab. Alona
Ivanova studiert Wirtschaft, weshalb sie ein Praktikum in einer Bad Salzufler Klinik absolvierte.
"Zukunftsweisend" seien die dort gemachten Erfahrungen. Dagegen erhoffen sich Kristina Barkov (18), Natalie
Fast (16) und Dorit Wolta (16) neue Erfahrungen im September 2015 - in Nowgorod.