Werte fürs Leben

Jugend Europas im konstruktiven Dialog

Multikulti: Sebastian Schuppik, Raphael Steininger, Ana Abreu de Sousa, Jessica Sowa, Ine Rosåen, Patricia Alexandra Alexa und Buse Zagli (v.l.) diskutieren vor ihren Mitschülern und Lehrern aus sieben Nationen über den heutigen Stellenwert von Werten

Mathematisch exakt berechnet: Die Murmeln verteilen sich in der Menge genau in der Reihenfolge, in der türkische Jugendliche wie Fatma, Tamer, Irem und Deniz (v.r.) ihre Werte eingeordnet haben. CansuTopuz (l.)vom Rudolf-Rempel-Berufskolleg probiert es aus.

SUSANNE LAHR

Brackwede. Eines ist ganz deutlich geworden. Das Vorurteil, die heutige Jugend habe keine Werte, stimmt nicht. Und dies gilt sowohl für die Jugend in Deutschland als auch für junge Frauen und Männer in anderen Ländern. So lautet jedenfalls das Ergebnis einer internationalen Jugendkonferenz zum Thema „Werte“, die gestern in Brackwede stattgefunden hat.

Rund 40 Gäste aus Österreich, Luxemburg, Rumänien, Tschechien, Norwegen und der Türkei sind zu Gast in der Rudolf- Rempel-Schule. Schulen in diesen Ländern sind Partnerschulen des heimischen Berufskollegs innerhalb eines EU-Projektes. Rund eineinhalb Jahre war die Jugend Europas im Dialogüber die Werte im eigenen Leben. Jetzt gibt es die Präsentation der Ergebnisse.

Zehn Wertvorstellungen haben die Deutschen, Tschechen, Norweger, Rumänen und ihre Altersgenossen unter die Lupe genommen; sich damit beschäftigt und daran gerieben; eine Reihenfolge festgelegt; für sich persönlich Wertvorstellungen in die Waagschale geworfen. Viele Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede sind dabei zutage getreten.

So steht bei den rumänischen Schülern beispielsweise der Lebensgenuss ganz oben an. Lehrerin Roxana Georgescu erklärt dies mit der wirtschaftlichen Krise ihres Landes. Diese zwinge viele, außerhalb des Landes Arbeit zu suchen. „Das wiederum rückt den Wert der Familie an eine vordere Stelle, genauso wie die Bildung.“ Schüler Stefan Schuppik aus Tschechien hebt der Wert der Bildung in der abschließenden Schüler-Talkrunde ebenso hervor: „Wer Bildung genossen hat, kann später machen, was er will. Dafür lohnt es sich, in die Schule zu gehen.“

Deutsche und österreichische Jugendliche sind nicht weit auseinander. Das hat Gabriele Holzweber aus Wien nicht sonderlich überrascht. „Unsere Nationen sind doch eng miteinander verbunden. “Den Jungs sind Bildung und Karriere wichtig, bei den Mädchen steht die Familie im Zentrum. Dass das Materielle so weit hinten angesiedelt ist, sei nur auf den ersten Blick überraschend. „Viele Jugendliche haben oft schon fast alles“, sagt Holzweber, „da muss man nicht mehr danach streben.“ Zu den weniger gefragten Wertvorstellungen gehört in allen Länder auch die Religion.

Dass einen innere und äußere Werte durchaus in Dilemma stürzen können, zeigen die Schüler in ihren teils sehr kreativen Präsentationen. Heiner Flottmann vom Berufskolleg ist beispielsweise begeistert vom tschechischen Video, in dem ein hungernder Jugendlicher ein Portemonnaie findet und sich zwischen persönlichem Wohl und Unterschlagung oder Ehrlichkeit entscheiden muss. Insgesamt ein spannender Dialog der Jugend über eine nach wie vor aktuelle Basis unseres Lebens.

INFO: Verständnis für die kulturelle Vielfalt

♦ Das Comenius-Programm der Europäischen Kommissin zielt darauf, das Wissen und das Verständnis für die Vielfalt der europäischen Kulturen, Sprachen und Werte in Schulen zu fördern.

♦ Das Rudolf-Rempel-Berufskolleg (RRB) ist seit mehr als zehn Jahren daran beteiligt.

♦ Das "Werte"-Projekt wird innerhalb des Programms "Lebenslanges Lernen" gefördert.

♦ Daran nehmen neben dem RRB Schulen aus Wien (Österreich), Ettebruck (Luxemburg), Targoviste (Rumänien), Opava (Teschien), Vanse (Norwegen) und Izmir (Türkei) teil.

 

|