Unternehmen unter der Lupe

Betriebswirtschaftslehre für Gymnasiasten: Börsenkurse analysiert

VON SEBASTIAN KAISER

Brackwede. Ein halbes Jahr lang haben 40 Schülerinnen und Schüler von drei Wirtschafts- und zwei allgemeinbildenden Gymnasien aus Ostwestfalen 150 börsennotierte Unternehmen beobachtet. Sie haben untersucht, in welchem Verhältnis der finanzielle Erfolg der Firmen zum Wert ihrer Aktien steht. Die Schüler belegten: Bezogen auf einen Zeitraum von zehn Jahren gibt es eine parallele Entwicklung von Unternehmensgewinnen und Aktienkursen.

Doch nicht das vorausahnbare Ergebnis, sondern der Einblick in das Studienfach Betriebswirtschaftslehre ist es, der für die Teilnehmer des Projektes BWL in OWL zählt. „Ziel ist es, den Einstieg in ein späteres BWL-Studium zu erleichtern“, sagt Gert Wittig, Lehrer am Rudolf-Rempel-Berufskolleg. Professor Hermann Jahnke von der Uni Bielefeld ergänzt: „Viele Studenten wissen nicht was sie erwartet, die Abbrecherquote in den ersten Semestern beträgt bis zu 25 Prozent. Wir helfen jungen Leuten, sich über Themen der Betriebswirtschaftslehre klar zu werden und zeigen, welche Anforderungen das Fach etwa in den Bereichen Mathematik und Statistik stellt.“

Jeweils acht Schüler von jedem der fünf Gymnasien befassten sich zusätzlich zum Schulunterricht mit der als Forschungsarbeit angelegten Aufgabenstellung. „Das ist eine Förderung der leistungsstarken Schüler“, sagt Gerlinde Timmermann, Leiterin des Wirtschaftsgymnasiums am Rempel-Kolleg.

Unter dem Titel „Bulle oder Bär – erklärt der Erfolg von Unternehmen den Kurs ihrer Aktien“ recherchierten die Schüler im Internet die wichtigsten Bilanzkennziffern von 30 deutschen und 120 US-amerikanischen Firmen, die DAX- oder Dow Jones notiert sind. Um die Daten zu erheben, mussten sie lernen, Bilanzen auf englisch zu lesen oder Quartalsabschlüsse und Aktiensplittings auf Jahresergebnisse umzurechnen.

Nach der Recherche und dem Besuch von Vorlesungen an der Uni trafen sie sich für eine Woche in einem Hotel in Bad Wünnenberg. Dort werteten sie die Daten gemeinsam mit den Professoren Hermann Jahnke, Reinhold Decker und Rolf König aus. „Dabei haben die Schüler eine wissenschaftliche Software zur Datenaufarbeitung kennengelernt“, berichtet Gert Wittig.

„Das war nicht nur eine interessante Erfahrung, ich fühle mich auch zu einem BWL-Studium ermutigt“, sagt Juliane Lang, die jetzt zusammen mit sieben weiteren Schülerinnen und Schülern die Ergebnisse des Projektes vorstellte. Auch Professor Hermann Jahnke ist von den Ergebnissen von BWL in OWL, das Projekt fand zum sechsten Mal statt, angetan: „Elemente des Programms, die eine Forschungsorientierung beinhalten, haben wir bereits für unsere Studenten übernommen.“

Projekt BWL in OWL

Am Forschungsprojekt „BWL in OWL – Deutung und Analyse Betriebswirtschaftlicher Phänomene“ nahmen Schülerinnen und Schüler des Rudolf-Rempel-Berufskollegs, des Einstein Gymnasiums Rheda-Wiedenbrück, des Freiherr-vom-Stein-Berufskollegs Minden, des Friedrich-List-Berufskollegs Herford und des Städtischen Gymnasiums Gütersloh teil.

Es richtete sich an Schüler der Jahrgangsstufe 12. Sie wurden von Lehrern begleitet und von Professoren und Lehrstuhlmitarbeitern der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Bielefeld unterstützt. Es dient der Vorbereitung auf ein BWL Studium.

Fünf Jahre lang wurde BWL in OWL maßgeblich von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert. Jetzt ist ein Förderverein – unterstützt von Schulvereinen und Sponsoren aus der Region – eingesprungen und ist dabei die Finanzierung für die kommenden drei Jahre zu sichern.

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